Tablets in Schulen = motivierte Schüler:innen? Zusammenhänge von Lernmotivation, wahrgenommenem Lernerfolg und Unterrichtsengagement in Tablet-Klassen unter Berücksichtigung des Zuwanderungshintergrunds

Beck, J., & Utesch. T.

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Abstract

Hohe Lernmotivation ist in der Schule ein wichtiger Prädiktor für Lernerfolg (Hattie, 2009). Orientierungen an Lern- und Leistungszielen sind für die Qualität der Motivation entscheidend (Elliot & Dweck, 1988). Aktuell werden viele Schulen mit Tablets ausgestattet. Die Nutzung dieser könnte Auswirkungen auf die Lernmotivation der Schüler:innen haben. Sie stellen eine Möglichkeit dar, sich mit Lernmaterial und somit dem Lernen auseinanderzusetzen. In dieser Studie gehen wir der Frage nach Zusammenhängen zwischen Zielorientierungen und dem wahrgenommenen Lernerfolg durch Tablets sowie deren Effekt auf das Engagement im Unterricht nach. Konkret wurde deshalb untersucht, ob Lernziele und Annäherungs-Leistungsziele positiv sowie Vermeidungs-Leistungsziele und Arbeitsvermeidung negativ mit einer lernförderlichen Wahrnehmung der Tablet-Nutzung durch Schüler:innen zusammenhängen. Zudem explorieren wir Unterschiede zwischen Lernenden mit und ohne Zuwanderungshintergrund und die Rolle der Klassenstufe. In der Studie wurden N = 558 (MAlter = 14,2 Jahre; SD = 2,1; 54% weiblich; 20% mit Zuwanderungshintergrund) Schüler:innen in 24 Tablet-Klassen der 5.-13. Klassen befragt. In diesen wurde das Lernmaterial zur selbstständigen Auseinandersetzung über das Tablet aufbereitet. Dazu wurden die Skalen zur Erfassung der Lern- und Leistungsmotivation (Spinath et al., 2012) sowie einem Fragebogen zur Erfassung des wahrgenommenen Lernerfolgs sowie dem Nutzen der Tablets zum höheren Engagement im Unterricht (Mango, 2015) eingesetzt. Interne Konsistenzen waren für alle Skalen gut (.80 < α < .89). Zwei Mehrebenenmodelle mit Schüler:innen auf Level 1 und Klasse auf Level 2 wurden mit den abhängigen Variablen wahrgenommener Lernerfolg sowie Unterrichtsengagement spezifiziert. Es zeigten sich – entgegen unserer Hypothesen – kleine Effekte im Zusammenhang zwischen Arbeitsvermeidung und wahrgenommenen Einfluss des Tablets auf das Lernen der Schüler:innen (β = .15; p = .017) sowie zwischen Arbeitsvermeidung und Engagement beim Lernen durch das Tablet (β = .15; p = .016). Die weiteren Dimensionen zu Lern-und Leistungszielen waren nicht signifikant (alle ps > .05). Darüber hinaus nehmen Lernende mit Zuwanderungshintergrund den wahrgenommenen Lernerfolg (β = .32, p < .005) als auch den Einfluss des Tablets auf das Unterrichtsengagement (β = .27, p < .021) höher wahr im Vergleich zu ihren Peers ohne Zuwanderungshintergrund. Ältere Schüler:innen zeigten einen sehr kleinen signifikanten Effekt in Richtung höherem Engagement durch das Tablet (β = .06, p = .026), allerdings keinen signifikant höheren wahrgenommenen Lernerfolg (β = .03, p = .27). Die Ergebnisse illustrieren, dass insbesondere Lernende mit Zuwanderungshintergrund in ihren Überzeugungen von der Tablet-Nutzung profitieren können. Überraschend gehen die sonst für das Lernen günstigen Zielorientierungen (insb. Lernziele) nicht zwingend mit wahrgenommen erfolgreichem Lernen mit Hilfe des Tablets einher. Stattdessen scheinen Schüler:innen die Tablet-Nutzung eher dann effektiv für ihr Lernen wahrzunehmen, wenn sie in der Schule Arbeit vermeiden möchten. Zukünftige Forschung sollte die Nutzung des Tablets im Hinblick auf motivationale Prozesse in der Schule in Interventionsprojekten gezielt untersuchen und der Frage nachgehen, ob die Arbeitsvermeidung funktional ist. Diese und weitere Implikationen werden auf der Tagung diskutiert.

Details zur Publikation

Release year: 2022
Language in which the publication is writtenGerman