Unsicherheit der Berufswahl nach einem verlängerten Praxisaufenthalt im Lehramtsstudium

Porsch, R., Gräsel, F. & Gollub, P.

Forschungsartikel (Buchbeitrag) | Peer reviewed

Zusammenfassung

Angesichts des aktuellen Bedarfs an Lehrkräften in Deutschland sind Studienabbrüche und die vorzeitige Beendigung der beruflichen Tätigkeit zu vermeiden. Verlängerte schulische Praxisaufenthalte im Lehramtsstudium bieten die Möglichkeit den Lernort „Schule" umfassend kennenzulernen, professionelle Kompetenzen zu erweitern und Gelegenheit zum forschenden Lernen. Zudem „wird das Praxissemester an nahezu allen Standorten mit der Zielsetzung der Berufswahlüberprüfung verknüpft" (Weyland & Wittmann, 2015, S. 14). Nicht auszuschließen ist, „dass eine Erhöhung der Unsicherheit (...) einschneidende berufsbiographische Konsequenzen bis hin zum Studienabbruch haben könnte" (Seifert & Schaper, 2018, S. 196). Dem Praxissemester werden zahlreiche Potentiale wie die Stärkung berufsbezogener Kompetenzen zugeschrieben, so dass eine Zunahme der Berufswahlsicherheit vermutet wird. Quantitative Studien, die Veränderungen im Rahmen eines Schulpraktikums untersuchten, kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen (z.B. Knuth-Herzig et al., 2018) und erklären nicht, warum einige Studierende weiterhin (eher) unsicher sind. Ergebnisse einer schriftlichen Befragung zeigen, dass unsichere Studierende im Praxissemester, Lernsituationen oft nicht als Stärkung ihrer beruflichen Handlungskompetenzen bewerteten (Porsch, 2019). Neben der Erklärung, durch welche Faktoren Berufswahlentscheidungen und -sicherheit beeinflusst werden, unterscheiden sich Theorien darin, inwieweit sie berücksichtigen, dass sich Berufswahlentscheidungen verändern können. Im sog. Choice Model (Lent, 2013) wird neben Kontextfaktoren die Bedeutung von Lernerfahrungen für die Berufswahl als zentral angesehen, allerdings berücksichtigt das Modell nicht die spezifische Situation des Lehrerberufes bzw. des Praxissemesters. Vor diesem Hintergrund verfolgt der Beitrag die folgenden Ziele: (1) Überprüfung der praxisphasenunabhängigen und -abhängigen Beweggründe der Berufswahlunsicherheit bei Lehramtsstudierenden mit einem qualitativen Zugang (vgl. Porsch, 2018, 2019), (2) Entwicklung eines dynamischen Modells der Veränderung von Berufswahlsicherheit bei Lehramtsstudierenden (durch schulpraktische Aufenthalte) und (3) Vorschlag für eine Typenbildung von berufswahl-unsicheren Studierenden. Im Beitrag werden Ergebnisse einer Interviewstudie vorgestellt, die 2018 mit sieben Studierenden an einer nordrhein-westfälischen Universität nach dem Praxissemester durchgeführt wurde. Alle Studierenden haben sich als (eher) unsicher in ihrer Berufswahl eingeschätzt. Die Daten wurden mithilfe der Qualitativen Inhaltsanalyse (Kuckartz, 2018) ausgewertet. Herausgearbeitet wurden u.a. die Gründe, warum das Langzeitpraktikum nicht positiv auf die Berufswahlsicherheit wirkte (z.B. aufgrund des stetigen Vorhandenseins beruflicher Alternativen, wahrgenommener Kompetenzdefizite sowie der Bewertung, unzureichend durch die universitäre Lehrerbildung vorbereitet gewesen zu sein).

Details zur Publikation

Herausgeber*innenRheinländer, K. & Scholl, D.
BuchtitelVerlängerte Praxisphasen in der universitären Lehrerbildung: Spannungsfelder zwischen Theorie, Praxis und der Bestimmung von Professionalisierung
Seitenbereich166-183
VerlagVerlag Julius Klinkhardt
ErscheinungsortBad Heilbrunn
Auflage1
StatusVeröffentlicht
Veröffentlichungsjahr2020 (13.03.2020)
Sprache, in der die Publikation verfasst istDeutsch
ISBN978-3-7815-2364-7

Autor*innen der Universität Münster

Gollub, Patrick
Institut für Erziehungswissenschaft (IfE)
Gräsel, Fabian
Institut für Erziehungswissenschaft (IfE)
Porsch, Raphaela
Institut für Erziehungswissenschaft (IfE)