Die Utopie lebt! Plädoyer für eine Blickerweiterung der soziologischen Zeitdiagnose und Gesellschaftstheorie

Daniel, Antje; Wendt, Björn

Research article (journal) | Peer reviewed

Abstract

Häufig wird die Gegenwart in gesellschaftstheoretischen und zeitdiagnostischen Debatten als utopielos beschrieben. Furchtbilder, Niedergangserwartungen sowie apokalyptische und rückwärtsgewandte Erzählungen dominieren die Imaginationen von Zukunft. Wir nehmen diese zeitdiagnostische Beschreibung zum Ausgangspunkt, um zu zeigen, dass es trotz dieser Tendenzen falsch ist, die Gegenwart als utopieloses Zeitalter zu bestimmen. Diese, aber auch andere verbreitete (Fehl-)Annahmen zur Utopie unterziehen wir einer kritischen Prüfung. Gegen die These vom Ende der Utopie sowie die Fassung von Utopien als spezifisches Genre fiktionaler Literatur, als fortschrittlich-emanzipatorische Projekte und als europäisches Phänomen argumentieren wir für einen mehrdimensionalen, elastischen Utopie-Begriff und die Aufwertung der Utopie als Gegenstandsbereich soziologischer Forschung. Eine Soziologie der Utopie hat zum Ziel, als wünschenswert imaginierte Sozialverhältnisse und variierende Vorstellungen des guten Lebens differenziert zu analysieren sowie ihre Verankerung in der sozialen Praxis und Bedeutung für Veränderungsprozesse in Gegenwartsgesellschaften auszuloten.

Details about the publication

JournalSozialwissenschaftliche Rundschau (SWS-Rundschau)
Volume64
Issue3
Page range212-229
StatusPublished
Release year2024
Language in which the publication is writtenGerman
KeywordsUtopie; Soziologie

Authors from the University of Münster

Wendt, Björn
Professorship of Socialization (Prof. Grundmann)
Center of Interdisciplinary Sustainability Research (ZIN)