Dzudzek Iris, Belina Bernd
Forschungsartikel (Buchbeitrag) | Peer reviewedIn diesem Kapitel diskutieren wir Diskursanalyse als Gesellschaftsanalyse. Unser Ziel ist es, das gesellschaftskritische Potenzial der Diskursanalyse für die Geographie auszuloten. Diskurse verstehen wir als hervorgebracht durch und Momente von Gesellschaft: Den theoretischen Ausgangspunkt bildet deshalb die Analyse der Gesellschaft, die methodisch auch als Diskursanalyse vonstatten gehen kann. Im Anschluss an Überlegungen, die unseren eigenen Arbeiten zugrunde liegen, setzen wir uns mit zwei Strömungen in der Literatur auseinander. Erstens greifen wir auf Konzepte der an Marx anschließenden Ideologiekritik zurück, ohne die Essentialismen zu verwenden, die dieser Tradition - oft zu unrecht - unterstellt werden. Zweitens beziehen wir uns auf poststrukturalistische Diskursverständnisse, ohne die dort lauernden Idealismen zu reproduzieren. In unserem Verständnis ist die Tradition der Ideologiekritik mit ihrem Begriff von Gesellschaft entscheidend, weil die gesellschaftliche und politische Relevanz von Diskursen nur zu begreifen ist, wenn herausgearbeitet wird, aus welchen sozialen Praktiken diese hervorgehen und welche Machtverhältnisse sie stützen. Hier werden die „Was-Fragen" beantwortet im Sinne von „Was wird diskutiert?". Die Stärke poststrukturalistischer Diskursverständnisse sehen wir in ihrem Fokus auf die Form von Diskursen mit ihren Regeln, weshalb mit ihnen die „Wie-Fragen" beantwor-tet werden können im Sinne von „Wie wird diskutiert?". Wir behaupten nicht, in diesem kurzen Beitrag diese beiden Traditionen mit ihren zahlreichen, teilweise grundlegenden Unterschieden irgendwie versöhnen zu können. Vielmehr geht es uns darum, aus beiden Traditionen Argumente anzuführen, dass und in welcher Hinsicht Diskursanalyse als Gesellschaftsanalyse zu betreiben und damit ein machtkritisches Projekt ist.
Dzudzek, Iris | Professur für Kritische Stadtgeographie (Prof. Dzudzek) |