Untersuchungen zur Cyanogenese höherer Pflanzen

Lechtenberg, M.

Qualifikationsschrift (Dissertation, Habilitationsschrift)

Zusammenfassung

Untersuchungen zur Cyanogenese höherer Pflanzen (Kurzfassung) Teil I.: Nitrilglucoside in Vertrertern der Familie Rosaceae Aus drei Arten der Rosaceae-Prunoideae (Osmaronia cerasiformis, Exochorda serratifolia, Prinsepia uniflora) und einem Vertreter der Rosaceae-Kerrieae (Rhodotypos scandens) konnten insgesamt sechs Nitrilglucoside (Osmaronin, Osmaronin­epoxid, Sutherlandin, Sutherlandinepoxid und Dihydroosmaronin [γ-Hydroxynitrilglucoside]; Epidermin [β-Hydroxynitrilglucosid]) und das cyanogene Glucosid Epiheterodendrin [α-Hydroxynitrilglucosid] isoliert und charakterisiert werden. Die stereochemischen Verhältnisse der chiralen Zentren aller isolierten Nitrile wurden ermittelt. Alle Verbindungen sind für die untersuchten Arten Erstbeschreibungen. OE, SE und DHO wurden erstmalig aus natürlichem Material isoliert; Os konnte erstmalig auch stereochemisch vollständig charakterisiert werden. Neben der Isolie­rung und Strukturaufklärung der Verbindungen wurde die Verteilung der Nitrile mit einer gaschromato­graphischen Identifizierungs- und Quantifizierungsmethode untersucht (zwei Säulen, N-selektive Detektion, GCMS-Absicherung). Die Cyanglucoside konnten auf diese Weise für die genannten und weitere Vertreter der Prunoideae (Exochorda giraldii) und Kerrieae (Kerria japonica, Neviusia alaba­mensis) nachgewiesen und quantifiziert werden. Epih und Epid sind in allen Arten in geringen (0,01-0,1% bez. auf Tockenmasse), DHO und Os in mittleren Konzentrationen (0,1-0,5%) nachzuweisen. Hauptverbindungen sind in allen Fällen OE, SE und Su (0,5-3%) mit folgender Einschränkung für die Epoxide: in Osmaronia und Prinsepia ist kein SE vorhanden; OE und SE sind in Neviusia und Kerria nicht nachzuweisen. Eine Beteiligung der per definitionem (fehlende Cyanhydrinstruktur) nicht-cyanoge­nen Nitrilglucoside an der schwachen Cyanogenese der untersuchten Pflanzen konnte nachgewiesen werden. Alle Verbindungen sind biogenetisch von der (hypothetischen) Aminosäurevorstufe L-Leucin ableitbar. Diese Tatsache unterstützt (zusammen mit chemotaxonomischen Argumenten anderer Autoren) die in vielen morphologisch-anatomischen und genetischen Arbeiten geforderte Abgrenzung der drei Prunoideae-Gattungen von allen anderen Vertetern dieser Unterfamilie. Typisch für die Prunoideae ist die Akkumulation der Phenylalanin-abgeleiteten Verbindungen Prunasin und Amygdalin. Auch die Ab­grenzung der Kerrieen von den nicht-cyanogenen Rosoideae s.str. wird durch die hier vorgestellten Ergebnisse unterstützt. Sie vervollständigen das Bild über die Verbreitung der biogenetischen Grundty­pen cyanogener Verbindungen innerhalb der Rosaceae und zeigen biochemische Ähnlichkeiten der untersuchten Gattungen mit Vertretern der Sapindaceae und Fabaceae s.l. auf, die ebenfalls Leucin-abgeleitete Cyanglucoside akkumulieren. Teil II: Cyanogene Glucoside bei Chenopodiaceae und Lotononis (Fa­baceae s.l.) Dhurrin ist das cyanogene Prinzip von Suckleya suckleyana ("poison suckleya"; Chenopodiaceae-Chenopodioideae) und damit für die in der Literatur immer wieder berichteten Todesfälle beim Weidevieh im Staate Colorado verantwortlich. Für die verwandte Art Girgensohnia oppositiflora (Chenopodiaceae-Salsoloideae) konnte das zu Dhr epimere cyanogene Glucosid Taxiphyllin gesichert werden. Die Abwesenheit der vor 50 Jahren publizierten Struktur "Girgensohnin" konnte wahrscheinlich gemacht werden. "Girgensohnin" ist offensichtlich ein Isolierungsartefakt. Beide nachgewiesenen Verbindungen sind die ersten cyanogenen Glucoside, die aus Vertretern der Unterklasse Caryophyllidae isoliert werden konnten. Lotononis fruticoides (Fabaceae s.l., Papilionoideae), gefährlich für das Weidevieh Südafrikas, enthält Prunasin und Prunasin-6'-malonat. Für die Gattung Lotononis (Tribus: Crotalarieae) konnte somit der Phenylalanin-Weg der cyanogenen Glykoside bewiesen werden, der bislang in der Literatur nur vermutet wurde.

Details zur Publikation

Veröffentlichungsjahr: 1995
Sprache, in der die Publikation verfasst istDeutsch