Leonhard Clemens
Forschungsartikel (Zeitschrift) | Peer reviewedFachgrenzen sind das Ergebnis der arbeitsteiligen Selbstorganisation der Wissenschaft. Idealerweise unterstützen sie die Perfektionierung der personellen Selbstergänzung und damit das Verständnis des durch genau diese Arbeitsteilung strukturierten Repertoires von Forschungsgegenständen. Inter‑ oder Transdisziplinarität als Verwischung (oder Leugnung) von Disziplingrenzen ist an und für sich genauso wenig wertvoll wie die strikte Ablehnung des Überschreitens solcher Grenzen. Sie birgt die Gefahr eines Rückschritts, wenn in einzelnen Disziplinen erreichte Qualitätsstandards dadurch gefährdet werden, dass Spezialisierung zugunsten breiter oder allgemeiner Kompetenzen aufgegeben wird. Der folgende Essay ist kein Plädoyer für eine großangelegte Umordnung von Disziplingrenzen. Er geht darüber hinaus auch nur von liturgiegeschichtlichen Beobachtungen aus und lässt sich von soziologischen Konzepten nur oberflächlich anregen. Umso mehr soll die erklärende Kraft seiner sehr vorläufigen Ergebnisse andeuten, dass sich auch die fachinterne, liturgiewissenschaftliche Arbeit durch eine vertiefte Begegnung mit Sozialwissenschaften im Blick auf die Strukturierung des Gegenstandsbereichs fördern und methodisch erweitern lässt. Es soll kurz gesagt gezeigt werden, dass es sich lohnt, die Liturgiewissenschaft der Zukunft soziologischer zu machen. Sie sollte mit soziologischen Methoden erarbeitete Ergebnisse mehr zur Kenntnis nehmen, solche Untersuchungen selbst anregen und ihre Vertreterinnen und Vertreter dazu einladen, sozialwissenschaftlich ernstzunehmende Kompetenzen zu eigenständiger Forschung zu erwerben.
Leonhard, Clemens | Professur für Liturgiewissenschaft (Prof. Leonhard) |