Utopie und Verantwortung. Beitrag zu einer Grundfrage protestantischer Ethik am Beispiel der Tierethik

Grunddaten zu diesem Projekt

Art des Projektes: Gefördertes Einzelprojekt
Laufzeit: 01.08.2022 - 31.07.2025 | 1. Förderperiode

Beschreibung

Seit einiger Zeit wächst in der theologischen Ethik das Interesse an tierethischen Fragen. Besonders im protestantischen Diskurs spielt dabei Verantwortung eine zentrale argumentative Rolle. Auffällig ist, dass der Rekurs auf Verantwortung häufig mit einer Abgrenzung gegenüber ‚radikalen‘ Positionen verbunden ist, denen gegenüber der Wirklichkeitsbezug von Ethik und die Wahrung menschlicher Freiheit angemahnt werden. Das Forschungsprojekt untersucht diese Argumentation vor dem Hintergrund der fundamentalethischen Frage, welchen Raum es in der protestantischen Ethik für Utopien und utopisches Denken geben kann und in welcher Weise dies mit einer Orientierung an Verantwortung und spezifisch mit den in der ‚Verantwortungsethik‘ formulierten Herausforderungen integriert werden kann. Verfolgt wird die Hypothese, dass utopisches Denken wichtig ist, um ethische Denkräume und Möglichkeitshorizonte zu erschließen und Veränderungen hin zu mehr Gerechtigkeit anzustoßen. Zugleich erscheint es notwendig, die ethische Utopie von konkreten moralischen Forderungen zu unterscheiden und eine Annäherung in Schritten bzw. Stufen zu verfolgen. Die Bedeutung einer Integration von Utopie und Verantwortung zeigt sich besonders im tierethischen Diskurs: Gerade hier ist es einerseits notwendig, utopisch erscheinende Verhältnisse zu imaginieren, um die verfestigten Denkgewohnheiten in Bezug auf Tiere aufzubrechen; andererseits wird eine Annäherung an eine tierethische Utopie nur auf dem Weg schrittweiser Veränderungen und unter Berücksichtigung der verantwortungsethisch formulierten Herausforderungen möglich sein. Ziel des Projekts ist es, einen Beitrag zur tierethischen Debatte in der Theologie zu leisten, der eine Brücke schlägt zwischen einerseits dem Anliegen einer weitreichenden Verbesserung der Situation von Tieren und einer grundlegenden Veränderung des Mensch-Tier-Verhältnisses und andererseits den Forderungen nach der Rückbindung tierethischer Anliegen an theologische Grundannahmen zu Freiheit und Verantwortung des Menschen sowie zur Realisierbarkeit ethischer Normen. Dafür wird zunächst das Potenzial utopischen Denkens erarbeitet, indem die protestantisch-theologische Auseinandersetzung mit Utopie (z.B. Helmut Gollwitzer, Hartmut Kreß, Dorothee Sölle, Paul Tillich) untersucht und in einen Dialog mit verantwortungsethischen Anliegen gebracht wird. Darauf aufbauend sollen dann Anhaltspunkte für utopisches Denken sowie für ein damit vereinbares Verantwortungskonzept in Bezug auf tierethische Fragen aufgesucht werden. Am Ende des Projekts sollen Grundkoordinaten entwickelt werden, innerhalb derer ein überzeugender Entwurf zur Tierethik in protestantischer Tradition entstehen kann.

Stichwörter: Ethik